Page 214 - Handbuch HR-Management
P. 214

Kapitel 4.9.3 / Ergonomie und betriebliche Gesundheitsvorsorge
HANDBUCH HR-MANAGEMENT
die mittlere Führungsebene, das vereinbarte Leitlinien und ernstha e Auseinandersetzung über den Wert Gesundheit auf allen Ebenen gelebt werden. Die Sinnha igkeit ambitio- nierter Vorhaben wird durch fehlende Konse- quenz und doppelbödige Kommunikation der höheren Ebenen unterlaufen. Gesundheit als „Systemqualität“ muss vom Topmanagement gewollt und gelebt sein.
Unterschätzt wird in diesem Zusammenhang die Wirkung unternehmerischer Widersprü- che. Anforderungen zwischen hohen Produk- tionsvorgaben, E zienz und Kostenredukti- on stehen in Spannung zu Bedürfnissen und Erwartungen der Mitarbeiter. Insbesondere Führungskrä e der mittleren Ebene erleben diese Anforderungen als Dilemmata und ge- sundheitliche Belastung. Unre ektiert erzeu- gen diese Dilemmata Lähmung, Frustration und Zynimus.
O -on-Balance
Studien zum Nutzerverhalten von digitalen Geräten in Unternehmen erlauben von ei- nem „Produktivitätsparadox“ zu sprechen.(10) Dauererreichbarkeit, permanente Arbeitsun- terbrechung und digitaler Präsentismus füh- ren zu Leistungsminderung und Stressbelas- tung. Betriebswirtscha liche Studien bezif- fern „ e Cost of Not Paying Attention“ mit Milliarden-Beträgen. Unternehmen reagie- ren mit restriktiver Abschaltung der E-Mail- Server oder  exiblen Arbeitszeiten. Die Maß- nahmen tre en nicht den Kern. Es braucht eine gesamtunternehmerische Entwicklung des Kommunikationsverhaltens. Re ektiertes Nutzerverhalten der Mitarbeiter wird zu den Kernkompetenzen der Zukun  gehören.
Digitalisierung suggeriert Eindeutig- keit
Die umfassenden Auswirkungen digitaler In- novationen werden in Unternehmen keine Reservate von Rückzug und Schonung ermög- lichen. Big Data, Künstliche Intelligenz, Bio- technologie und Materialwissenscha  werden auch im Personalwesen Einzug erhalten. Die massenha e Verbreitung der „Wearables“ im Gesundheitssektor befragt bisherige Überein- kün e der Balance von Beruf und Privatheit. Versicherungsgesellscha en prämieren die Bereitstellung von Gesundheitsdaten, Unter- nehmen folgen diesem Trend. Werden wir zu gesünderem Verhalten motiviert oder liefern wir uns der Überwachung aus?
Schon heute scheitert die Einführung von Betrieblichem Eingliederungsmanagement (BEM) in vielen Unternehmen am bezwei- felten Datenschutz. Zugleich geben Daten keinen unmittelbaren belastbaren Anhalt für Gesundheit und Krankheit. Sie müssen ana-
 Praxisbeispiel
In einem Kurs für Controller bat ich die Teilnehmer zum Kennenlernen nur sol- che Fragen zu stellen, die mit Zahlen zu beantworten seien. Nach 20 Minuten dis- kutierten wir darüber, was sich über Zah- len von der Persönlichkeit erfahren lässt. Erstaunen über die Grenzen des „Zähl- baren“ wurde geäußert. Im Fortgang ent- wickelten wir notwendige Perspektiven, um unternehmerische Wirklichkeiten jenseits der Zahlen abbilden zu können.
214























































































   212   213   214   215   216