Page 215 - Handbuch HR-Management
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HANDBUCH HR-MANAGEMENT Kapitel 4.9.3 / Ergonomie und betriebliche Gesundheitsvorsorge
lysiert und mit Bedeutung versehen werden. Sensibilität und Schutz vor logischen Irrtü- mern ist hier geboten. „Kopfschmerz ist kei- ne Folge von Aspirin-Mangel!“ Relevante Ein-  üsse auf die Gesundheit wie Führungsver- halten, konstruktives Kon iktmanagement, Kooperation und Partizipation sind hier ein- deutig vorrangig zu gestalten.
Vertrauen
Was lässt sich in der Zusammenarbeit zwi- schen Menschen nicht digitalisieren? Im Ge- genüber von Standardisierung und binärem Kalkül lebt Zusammenarbeit von Vertrauen. Jener menschlichen Haltung, die Kultur und Freiheit im Unternehmen ermöglicht. Im Umgang mit Krankheit und Gesundheit wird kün ig das Zusammenspiel zwischen eHealth und Kultur erhebliche Aufmerksamkeit er- fordern. Auf welcher Datenbasis werden Al- gorithmen Werturteile fällen? Werden Fit- nesswerte aus der Digital All-Feature-Watch
in der Cloud diagnostisch beurteilt? Welche Schlüsse ziehen Personalabteilungen durch „People Analytics“, um Gesundheitsrisiken der Mitarbeiter und Führungskrä e einzu- schätzen? Werden Krankheiten in ihrer Be- deutung für menschliche Entwicklung und Reifung bedeutungslos und funktionaler Ori- entierungslogik zugeordnet, Gesundheit aus- schließlich „be“rechnet und „aus“gerechnet? Algorithmen werden Urteile über Mitarbeiter und Führungskrä e fällen. Gelebte Kultur im Unternehmen wird Haltungen des Vertrauens jenseits funktionaler Logik stärken müssen, um letztlich die Hoheit menschlicher Re exi- vität und Entscheidung zu wahren.
Ökonomie
Es gibt einen unbestreitbaren Zusammenhang zwischen ökonomischer Rationalität und menschengerechter Arbeit. Auch wenn Zah- len nicht alles erzählen: Betriebsergebnisse und Gesundheitsvorsorge korrelieren. Wann
 Praxisbeispiel
Ein mittelständisches Familienunterneh- men (Automobilzulieferer) wandte sich mit ungewöhnlich hohen Krankenständen an mich. Im Erstgespräch berichteten sie von ersten Gesundheitsmaßnahmen für Mitar- beiter, die ihnen empfohlen wurden.
Mein Vorschlag einer Großveranstaltung für alle Mitarbeiter bedeutete kulturelles Neuland. Gesundheit sollte nicht von oben verordnet, sondern in Gesundheitsdialogen entfaltet werden.
Die Beteiligung und das Engagement an dem im Großgruppen-Konzept gestalteten Gesundheitsdialog beeindruckte die Ge- schä sführung nachhaltig. Es zeigte sich die Notwendigkeit, kommunikative Pro- zesse begleitend zu den rasanten innovati- ven Veränderungen im technischen Bereich auf allen Ebenen zu fördern. Agile beteili- gungsorientierte Methoden belebten die Verständigung. Die Krankenquote wurde als Symbol für Überforderung und Sprach- losigkeit im Umgang mit Innovation und Umstrukturierung gedeutet.
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